Spring!
<Spring ins Wasser! Spring über deinen Schatten!>
Wie oft habe ich diese Sätze schon gehört – nicht immer fand ich sie angemessen. Ja, natürlich: Es tut gut, ins Wasser zu springen. Etwas auszuprobieren. Nicht alles zuerst zu zerreden und zu zerdenken. Heute heißt das „Einfach mal machen!“ Mir geht es so, dass ich das auch mache – wobei die Betonung hier auf auch liegt. Denn bei aller Spontanität ist es eben auch sinnvoll, erst einmal nachzudenken, bevor Mensch handelt.
Mit dem „Über seinen Schatten springen“ ist es ein wenig anders. Sicher, auch dazu gehört nachdenken, aber hier verhält es sich ein wenig anders, weil die Voraussetzungen andere sind. „Über seinen Schatten springen“ meint ja, etwas zu tun, was gegen die eigenen Überzeugungen oder Werte geht. Das kann hin und wieder dennoch gut sein – gleichzeitig weiß ich von mir, dass ich es besser nicht aus Angst tue. Aus der Angst, nicht mehr dazuzugehören oder nicht mehr geliebt zu werden oder nicht mehr wichtig zu sein. Deshalb überlege ich mir sehr gut, ob und wann ich über meinen Schatten springe – und auch, welche Bedürfnisse diesem Sprung zugrunde liegen würden.
Wie stehst Du dazu?
Foto: © Erwin Grundler, Überlingen
Das ist interessant zu reflektieren. ‚Über meinen Schatten springen‘ hat für mich einen sehr negativen Beigeschmack. Es wurde mir als Kind/als Jugendliche oft gesagt, wenn Menschen meine Meinung nicht hören, nicht akzeptieren oder meine Gutmütigkeit ausnutzen wollten. Da war auch oft so ein Abwinken, ’sei doch nicht so‘ oder ‚jetzt höre doch auf zu streiten‘. Es war für mich ein Erlebnis des nicht-gesehen-werdens und die Botschaft, dass streiten nicht gut ist – ‚der Klügere gibt nach‘ ist auch ein Ausdruck davon und ich habe in meinem Leben oft erlebt, dass die Klugen, die nachgeben, oft die Dummen sind weil es meistens dieselben sind die für Nachsichtigkeit, Hilfsbereitschaft und Großzügigkeit bekannt sind.
Heute gehe ich anders damit um. Ich bin auch mal bereit über ‚meinen Schatten zu springen‘ wenn es für mich passt und mein Bauchgefühl einverstanden ist. Im Allgemeinen ziehe ich die Variante vor, mich mit dem zu äußern um was es mir geht und wie ich mich dabei fühle. Gerne höre ich dann auch die Meinung meines Gegenüber und freue mich wenn wir zu einem für beide Seiten annehmbaren Konsens kommen. Wenn nicht, treffe ich eine Entscheidung, die sich für mich stimmig anfühlt. Verbiegen lasse ich mich nicht mehr.
Danke dir, liebe Tina.
Wie gut, dass du dich heute nicht mehr verbiegen lässt – das ist ein Glück.
Und das, was du zu früher beschreibst, kenne ich auch sehr, sehr gut.
Es ist wichtig, zu erkennen, was da passiert – und ja, deshalb ist die Reflexion notwendig.
Liebe Grüße
Judith
Nur schade, dass ich erst in die „60iger und 70iger“ kommen musste um zu wissen, dass ich auch über den Schatten der Kindheit springen darf > aber glücklich, dass ich es jetzt verstanden habe.
Liebe Irmgard,
ja, das ist in der Tat schade – aber besser spät als nie, gell?
Ich danke dir für deine Rückmeldung.
Herzliche Grüße aus dem Regen
Judith