Online-Schreiben „Leben heißt“ – Woche 2
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Tag 1: Vom Jubel zehren
Gänseblümchen
blühen unverdrossen
sie fragen nichts
loben leuchtend das Leben –
Vorbild.
Tag 2: Enttäuschung oder Ent – Täuschung (als das Ende einer Täuschung)
Johanna ruft bei Cordula an. „Na, meine Liebe, hast du die Stelle?“ Schweigen. Dann ein Schluchzen. „Ach Nein, sag, dass das nicht wahr ist – du hast die Stelle nicht bekommen!“
Johanna wartet, bis Cordula ausgeweint hat. Dann beginnt sie zu erzählen. „Du weißt ja, dass das Vorstellungsgespräch super gelaufen ist. Ich hatte so große Hoffnung. Und als heute der Anruf kam, fing es so gut an. Sie erzählte mir, wie begeistert sie von meiner Bewerbung und meinen Ideen gewesen wären. Davon, was ich alles an Qualifikationen mitbringen würde – und auf welche Erfahrungen ich zurückgreifen können. Sie hat gesagt, sie freue sich, so fähige Mitarbeiterinnen zu haben – das würde der Sache guttun. Und nachdem sie mich ein paar Minuten über den grünen Klee gelobt hat, sagte sie, dass sie sich trotzdem für jemanden anderen entschieden hätten!“
Johanna hört zu. Sie fühlt mit Cordula mit. Sie weiß, wie viel Hoffnung sie in diese Bewerbung gesetzt hat. Gerade als sie etwas sagen will, fängt Cordula wieder an zu sprechen. „Und weißt du, was das Schlimmste ist? Sie hat gesagt, sie hoffe, dass ich ihnen erhalten bleibe. Dann hat sie mich gebeten, die Neue zu unterstützen und ihr bei der Einarbeitung zu helfen, weil ich ja mehr Erfahrung hätte als die Neue! Aber, weißt du was: Die können mich mal. Mit mir machen die das nicht.“
Johanna schnappt nach Luft. „Was wollten die? Das kann doch nicht sein, oder?“
„Doch. Genauso ist es – und ich weiß jetzt, woran ich bin.
Tag 3: Innehalten
Enttäuschungen und Ärger lassen mich innehalten. Manchmal schmolle ich. Ziehe mich zurück in mein Schneckenhaus. Bin traurig. Manchmal merke ich erst, dass Innehalten notwendig wäre, wenn ich mich beim Nörgeln, pampig sein oder kritteln ertappe. Manchmal sehe ich rot. Ein anderes Mal schwarz.
Wenn ich die Gefühle, hin und wieder auch den Wunsch zurückzuschlagen, zulasse und akzeptiere, kann ich enttarnen, was gerade los ist. Dann setzt der Verstand ein. Ich kann reflektieren, was Grund und Ziel meiner Ent- Täuschung ist. In 9,9 von 10 Fällen sind es meine eigenen Denkmuster und Glaubenssätze, die dafür verantwortlich sind.
Manchmal gelingt mir dann ein Lächeln. Hin und wieder sogar ein breites Grinsen, verbunden mit einem „Schon wieder“.
Das Innehalten, wenn ich „Pause“ spüre, ist anders – das wäre aber ein neues Thema.
Tag 4: Zugrundegehen
Aus!
Verzweiflung
begräbt
das Leben
unter Schutt –
Aus?
Tag 5: Verzweiflung
Verraten hat ihn
Einer von uns – sich zu
Retten, war sein
Ziel.
Wohin mit dem
Entsetzen, das
In den Abgrund
Führt, das
Leben lähmt?
Ungebändigt
Nackt und roh – der
Grausame Schmerz.
Tag 6: Stille
Stille wartet – ein
Atemhauch der Ewigkeit.
Hiersein – unbewegt.
Tag 7: Auferstehung (mitten im Alltag)
- Ein Sonnenaufgang.
- Versöhnung nach einem Streit.
- Das erste blühende Gänseblümchen nach dem Rasenmähen.
- Ein Regenbogen.
- Rosenknospen.
- Nach einer Knie-OP wieder ohne Gehstöcke laufen können.
- Eine Erinnerung, die mitten in der Trauer, Freude schenkt.
- Ein Lachen.
- Das Auftauen des gefrorenen Bodens im Frühjahr.
- Der Gruß einer Fremden.
- Ein unerwarteter Brief.
- Ein „Weißt du noch“?
- Die Geburt eines Kindes.
- Der erste Besuch eines Cafés nach Corona.
- Wenn Kopfschmerz nachlässt oder der Ischias sich beruhigt.
- Der erste hustenfreie Tag nach einer Lungenentzündung.
Foto: © Erwin Grundler, Überlingen
Mein Jubel-Elfchen:
Ein
Moment des
Verbundenseins zutiefst berührend
liebevoll gehalten geborgen mittendrin
Gewissheit
Liebe Grüße an Alle :-)
Wunderbar, Elke.
Das Gefühl dahinter kann ich direkt nachvollziehen.
Schön übrigens, hier von dir zu lesen.
Herzliche Grüße
Judith
Vogelgezwitscher
freudig jubilierend,
den Tag begrüßend
meine Sinne sind offen
erwartungsvoll
Liebe Conny,
danke dir.
Schön, dass du dein Elfchen einstellst.
Ich hoffe, du hattest Freude beim Schreiben.
Liebe Grüße
Judith
Innehalten
Innehalten. Die STOP-Taste drücken. Stillstand für Körper und Geist.
Sacken lassen. Nichts tun. Leer werden.
Spüren. Wahrnehmen. Reflektieren.
Neue Gedanken entstehen lassen. Verhaltensmuster durchbrechen. Klarheit.
Mit neu sortierten Kräften weitergehen. Leben. Bis zum nächsten Innehalten.
> Mir kam beim Schreiben die Idee, die Textform in 3-er Schritten zu gestalten… vielleicht einfach auch nur, weil ich es so einfacher fand ;-)
Liebe Elke,
danke dir.
Gute Idee, die 3-er Schritte. Und schöne Gedanken zum Innehalten.
Sorry, dass ich mich erst jetzt melde.
Hab es fein,
Judith
Jubel-Elfchen
Freude
Wärmendes Glück
Lässt alles erblühen
Reiches verschwenderisches gestaltendes Bunt
Frühling
Liebe Elvira,
ich danke dir.
Dein „warmes Glück“ gefällt mir besonders gut – das löst direkt Wärme in mir aus. Danke für einen Glücksmoment.
Herzlich
Judith
Zu Grunde gehen
Dunkel
Aussichtslosigkeit
Trost
Vertrauen
Aufblühen
Liebe Elvira,
danke dir.
Da bist du schneller als ich. Ich stelle meinen Text gleich noch ein.
Dein Text erinnert mich an die Struktur von Klagepsalmen. Erst die Klage (Anklage), dann das umschwenken und schließlich Hoffnung und Vertrauen. Schön.
Liebe Grüße
Judith
Zu Grunde gehen
endgültig
Zeit
nutzlos
– Versuch –
Wissen
aufstehen
fliegen
Liebe Elke,
dankeschön.
Ich bin fasziniert, wieviele verschiedene Gedanken es zum Thema gibt.
Grüße
Judith
Wortgedicht: Verzweiflung
Es war nicht einfach, aus der Verzweiflung wieder herauszukommen.
Geholfen hat mir der Satz: „Nichts bleibt wie es war“
Verloren
Entmachtet
Resigniert
Zwischen zwei Welten gestürzt
Wichtige Fragen durchqueren das Dunkel
Einst gab es Antworten, sie sind ohne Bedeutung
Instabil ist alles geworden
Finsternis verwehrt den Blick – nur
Langsam wird Licht erkennbar
Unaufhaltsam wächst Wille und Wut
Nichts bleibt wie es war
Gemeinsam gehen auf neuen Pfaden
Liebe Grüße an alle Mitschreibenden und Mitlesenden.
Es tut gut, schreibend verbunden zu sein.
Liebe Elvira,
danke für deinen Kommentar und deinen Text. Ja, es ist kann schwer werden, aus der Verzweiflung herauszufinden – genau deshalb stand mein „Nichts bleibt, wie es war!“ dabei und genau deswegen kommt nach den Kartagen und der Verzweiflung auch die Auferstehung.
Ja, auch ich kann dieses Verbundensein wahrnehmen – und ich fühle es wie du – als hilfreich und tragend.
Herzlich
Judith
Liebe Elvira,
da hast du tolle Worte gefunden – so gut nachvollziehbar!
Liebe Grüße
Elke
Verzweifelung
Verdammt
Es hat mich erwischt
Regungslos
Zaudere ich mit meinem Schicksal
Wie komme ich da jemals wieder raus
Es ist alles nur dunkel Dunkel
Ich mag nicht mehr
Fühle mich am Ende Ein
Lachen wäre jetzt schön
Und
Nach vorne
Gehen
Liebe Elke,
Danke dir für Deinen Beitrag.
Deine Gedanken kennen auch viele von uns. Schön geschrieben.
Liebe Grüße
Judith
Liebe Elke, liebe Judith,
danke für eure Kommentare. Das gemeinsame „Gehen“ zum Schluss eint uns.
Es bleibt immer nur und erst recht das Weitergehen!
LG, Elvira
Liebe Elvira,
Danke dir. Ja, so ist das und ich finde es klasse, dass wir alle drei diesen Schluss haben. Noch ein Stück Verbundenheit.
Abendgrüße
Judith
Haiku zu Stille
Die Stille lehrt mich
hält mich wohl und geborgen
Sein – einfach nur Sein
Mit einem stillen Morgengruß an alle :-)
Elke
Ein stiller Abendgruß zurück zu dir, liebe Elke.
Ich wünsche dir ein Oster-Auferstehungsfest – so, wie du es brauchst.
Herzlich
Judith
Haiku Stille
die Wasserfläche
spiegelglatt und dunkel
lässt Stille hören
Frohe Ostern euch allen!
Liebe Elvira,
Während ich lese, habe ich ein Bild vor Augen. dAnke dir dafür.
Herzliche Grüße und ein Osterfest wie du es brauchst.
Judith
Meine Auferstehungserfahrungen im Alltag
ausgeschlafen aufwachen
Schlüsselblumen am Bach finden
die richtige Schokolade im Kühlschrank entdecken
mit Freunden lachen – trotzdem
sich selbst verzeihen können
sich mit anderen verbunden fühlen
die Perspektive wechseln
Euch allen wünsche ich immer die richtigen Erfahrungen, die ihr gerade braucht.
Habt es schön und dein wachsam!
Liebe Elvira,
lauter schöne Gedanken – besonders fein finde ich „Die Perspektive wechseln können“. Das hat was – und ja, es bringt manchmal auf neue Ideen.
Einen feinen Osterabend und morgen einen wunderbaren weiteren Ostertag.
Herzlich
Judith