40. Hochzeitstag

Beim Bearbeiten der Online-Aufgaben „Zu Hause im Paradies“ ist aus dem Streichtext ein Gedicht entstanden, das mich überrascht hat. Einerseits. Andererseits hat es mich gefreut, zumal der lange Text so gut wie nichts mit dem dann entstehenden Thema zu tun hatte. Hier kommt es:

 

„Nicht
Dauerharmonie
noch
streben 
nach Erkenntnis 
lassen
die Liebe
sich
entfalten – 
sie reift
im 
Einbruch der Wirklichkeit“.

15.05.15-9642

Vielleicht war der Zeitpunkt günstig, habe ich den Text doch gerade nach unserem 40. Hochzeitstag geschrieben. Wie auch immer: Schaue ich auf diese 40 Jahre zurück, kann ich nur aus vollem Herzen zustimmen.

Nicht, dass wir jemals Gefahr gelaufen wären, in Dauerharmonie aufzugehen. Nein, dazu sind wir zu verschieden. Was dazu beigetragen hat, dass wir auch nach 40 Jahren noch zusammen sind, war ganz sicher <der Einbruch der Wirklichkeit> in ihrer ganzen Vielfältigkeit.

Im Erkennen, dass wir beide ähnliche und doch unterschiedliche Erfahrungen gemacht haben und daraus unsere eigenen Schlüsse gezogen haben, die uns bis heute prägen (und oft unbewusste, innere Antreiber für uns sind).

Im Erkennen, dass wir verschiedene „Liebessprachen“ sprechen und uns darum bemühen, diese verstehen zu lernen.

Im Erkennen, dass wir eine Verantwortung übernommen haben: für uns selbst, für den Anderen, für die Kinder, für die Ehe.

Im Erkennen, dass wir so viel weiter kommen, wenn wir nicht dauernd urteilen und kritisieren.

Im Erkennen, dass nicht der Partner mich enttäuscht, sondern meine eigenen Erwartungen <ent-täuscht> werden – von denen der Andere oft genug nicht einmal etwas ahnt.

Im Erkennen, dass es meine eigene Aufgabe ist, für mein Glück zu sorgen und nicht die des Partners.

Im Erkennen, dass der andere häufig zu meinem Glück beiträgt – ob ich dies wahrnehme, liegt in meiner Verantwortung.

Im Erkennen und daran glauben, dass wir immer wieder anfangen können – aufeinander zuzugehen, die Perspektive zu verändern, meinen Gefühlen und Bedürfnissen auf den Grund zu gehen.

Im Erkennen, dass Liebe nicht alles „rosa“ sein lässt und ein einziger verrückter Rausch ist, sondern auch Alltag und Gleichförmigkeit. Und wenn ich ganz wach, ganz bei mir bin, kann ich diese <stille Liebe> entdecken und spüren.

Im Erkennen, dass Liebe mir zwar möglicherweise in den Schoss fällt, sie aber nur bleibt, wenn ich mich täglich 100 % dafür engagiere. Das ist eine riesige Herausforderung. Trotzdem lohnt es sich für mich dranzubleiben.DSC02124

Dranzubleiben und zu entdecken, welche Möglichkeiten noch in mir und im anderen stecken.

Dranzubleiben und zu entdecken, welche Möglichkeiten noch in unserem WIR schlummern.

Dranzubleiben und zu entdecken, wo wir im Umgang mit uns selbst, mit dem anderen, mit dem WIR, mit unserer Liebe fahrlässig waren/sind.

Das zahlt sich aus. Deshalb nehme ich mir vor, behutsam mit dieser Liebe umzugehen. Mich an ihr zu freuen. Sie zu pflegen und zu beschützen. Das tut uns und ihr gut.

Wie geht es Dir mit der Liebe?
Welche Erfahrungen hast Du mit ihr gemacht?
Erkennst Du die Liebe auch im Alltagseinerlei?


Fotos: Erwin Grundler, Überlingen - Aufkirch
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